Steinbockrunde im Allgäu

Seit vier Jahren führe ich für Alpine Welten verschiedene Wanderungen von der einfachen „Drei Seenrunde“ am Spitzingsee bis zu den verschiedenen Varianten von Alpenüberquerungen.

Die Steinbockrunde im Allgäu gehört jedoch zu den besten Touren, die Alpine Welten wie auch andere Bergschulen im Programm haben. Ein großes Plus bei Alpine Welten sind allerdings die kleinen Gruppen. Gerade für die Beobachtung der scheuen Tiere ist es von Vorteil, in kleinen Trupps unterwegs zu sein, um die besten Positionen zum Fotografieren zu haben. Das Beobachten der Tierwelt, besonders der Steinböcke funktioniert bei den anderen Veranstalter, die sich mit teils mehr als 12 Personen in einer geschlossenen Schlange die Bergpfade „hochschrauben“ nicht so gut.

Die Steinböcke sind in den bayerischen Alpen weiter auf dem Vormarsch. „In den vergangenen sechs Jahren hat sich ihre Zahl auf etwa 800 Tiere nahezu verdoppelt“, heißt es aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium (Angabe Mai 2018). Etwa die Hälfte der bayerischen Steinböcke leben in den Allgäuer Alpen mit Verbindung ins südlich angrenzende Gebiet der Lechtaler Alpen.

Unsere Tour beginnt an der Fellhornbahn mit der bequemen Auffahrt zur Mittelstation. Dort wandern wir auf dem „Blumenweg“ über die „Obere Bierwangalpe“ zum Kanzelwandsattel. Wir besteigen die Kanzelwand ohne Rucksack. Am Gipfelkreuz hat man einen herrlichen Rundblick und ich erkläre meinen 6 Teilnehmern unsere spannende Runde in den nächsten 6 Tagen. Danach steigen wir den Wanderweg „446“ über die Kühgundalpe ab und sind in drei Stunden in der Fiderepasshütte. 2016 neu erweitert bekommen meine Gäste einen großzügigen 6er Schlafbereich zugewiesen. Auch die neue Dusche erfrischt uns vor dem reichlichen Abendessen. Abends sitzen wir gemütlich auf der Terrasse und beobachten erstmals Steinböcke am Einstieg des Mindelheimer Klettersteiges. Mit und ohne Fernglas beobachten wir den Kampf zwischen konkurrierenden Böcken. Ein Bock muss mindestens sechs Jahre alt sein, um eine Chance zu haben, diese Kämpfe zu überstehen und einen „Harem“ zu gewinnen.

Am nächsten Tag steigen wir 150 Höhenmeter hinauf zur Fiderepassscharte (2230 m hoch) und bewundern einen ausgewachsenen Steinbock mit zwei Geißen beim Sonnen auf einer Felsenbank. Der Bock verfügt über ein imposantes, gebogenes Gehörn von ca. 1 m Länge, während die „Geißen“ nur kurze, kaum gebogene Hörner haben. Wir sind fasziniert, dass sich die Prachtexemplare nicht stören lassen, als wir bis auf etwa 15 Meter zum Fotografieren uns leise nähern. Nach einer halben Stunde geht es über den sehr schönen Krumbacher Höhenweg über die Obere Angerhütte zur Mindelheimerhütte. Wir beziehen die Zimmerlager, stärken uns und wählen von den zwei Gipfelzielen „Gaishorn oder Kemptnerkopf“ die kürzere Variante, den Kemptnerkopf aus. Einen entspannten Spätnachmittag verbringen wir auf dem Kemptnerkopf mit dem neuen Gipfelkreuz. Auch von dort lassen sich an den Steilflanken der Schafalpenköpfe einzelne Steinböcke beobachten.

Am dritten Tag stehen uns drei Wegvarianten unterschiedlicher Länge zur Rappenseehütte zur Auswahl. Wir entscheiden uns für den Schrofenpass. Heute begleiten uns die Murmeltiere und wir haben das Glück, jungen Murmeltieren bei ihren Spielen zuzuschauen. Der anspruchsvolle, ausgesetzte Pfad durch das Mutzentobel ist mit neuen Drahtseilen ausgestattet. Nach 6 Stunden erreichen wir die Rappenseehütte und genießen hinter der Hütte ein erfrischendes Bad im See.

Es gibt Veranstalter, die den Wechsel von der Rappenseehütte zum Waltenbergerhaus mit dem 900 hm Abstieg nach Einödsbach durchführen, um anschließend wieder mühsam zum Waltenbergerhaus aufzusteigen. Wir entscheiden uns daher, zum Heilbronnerweg aufzusteigen und über die Bokkarscharte zum WBH abzusteigen. Das „Hohe Licht“ lassen wir dabei aus, weil wir schon nach einer halben Stunde beschäftigt sind, die Steinböcke zu beobachten. Einen sensationeller Videofilm ist uns gelungen, als uns ein Steinbock demonstrierte, wie geschickt und schnell er ein steiles Firnfeld überquerte.  Dass wir dadurch natürlich auch Zeit einbüßten, nahmen wir alle gerne in Kauf.

Das Waltenbergerhaus ist ein moderner Holzbau, empfängt seine Gäste mit lichtdurchfluteten, geräumigen Aufenthaltsräumen und Schlafplätzen. Damit zählt die Hütte zu den modernsten Hütten in den Allgäuer Alpen. „Beim Bau wurde großer Wert darauf gelegt, dass jeder Schlafplatz einen eigenen Sitzplatz in der Gaststube bekommt und das ist geglückt“. Wir sind uns einig, die beste Hütte auf dieser Tour, allerdings etwas höhere Preise bedingt durch die Hubschrauberversorgung. Wieder sitzen wir abends bis zum Sonnenuntergang draußen und spielen „6 Nimmt.“ Abgelenkt nur, als eine Herde Steinböcke 100 Meter entfernt talwärts zieht.

Der Fünfte Tag beginnt mit dem Aufstieg zum Heilbronner Weg und dem Mädelegabeljoch, wo wir wieder eine Steinbockherde treffen. Sie setzt sich aus ca. zwanzig Weibchen und Jungtieren zusammen.

Gegen Mittag erreichen wir das Kemptnerhütte, dass wie immer durch die E5 Route sehr gut besucht ist. Mit leichtem Gepäck besteigen wir am Nachmittag noch den Muttlekopf (2360 m). Unter dem felsigen Gipfel treffen wir noch einen einzelnen imposanten Steinbock. Für unsere Hobby-Fotografin ist das schon das 54. Exemplar, das abgelichtet wird.

Am Letzten Tag sind wir etwas traurig, dass diese tolle Tour sich dem Ende neigt. In Spielmannsau wird noch gemeinsam zu Mittag gegessen. Unser Plan, im Christelsee noch zu baden, wird jedoch durch einen kräftigen Regenschauer durchkreuzt.

Am Parkplatz Renksteig findet dann die große Verabschiedung statt. Jeder von uns ist der Meinung, dass er diese Tour nochmals machen würde. Ich bestimmt nächstes Jahr wieder für Alpine Welten.

Alle Steinbock Fotos von Bettina S (letztes Bild in der Herde) aber auch ein Murmeltier und ein „zweibeiniger Steinbock“ ist dabei, der klettert auch.

 

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